Big Picture Splitter 16/10/14 – Umgang mit dem Ebola-Thema

Anlässlich der aktuellen Berichterstattung über das Ebola-Virus in Afrika möchten wir ein paar generelle Überlegungen zum Umgang mit potentiellen strategischen Schockereignissen, teilen:

Persönliche Schlussfolgerungen aus medialen Aufmerksamkeits-Schüben zu ziehen erfordert etwas Aufwand

  • Die derzeit medial transportierte Gefährdung durch das Ebola-Virus ist durch einfachen Medienkonsum alleine kaum einzuschätzen. Informationsvermittlung durch Zeitung und Fernsehen ist für das Funktionieren unserer Gesellschaft notwendig. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass diese Form der Informationsaufnahme eine ‚Energiesparmaßnahme‘ durch uns Konsumenten ist, die unter Ausblendung der ökonomischen, politischen, gesellschaftlichen und strukturellen Zwänge der Medienwelt erfolgt. In den meisten Fällen ist diese Form der Informationsvermittlung vollkommend ausreichend; bei kritischen Aspekten, die für unser eigenes Leben einen Unterschied machen können, ist sie allerdings zu wenig.
  • Über das Ebola-Virus und seine Gefährlichkeit gibt es in den Medien durchaus unterschiedliche Einschätzungen (etwa hier und hier – es geht um unterschiedliche Gefährdungsniveaus je nach Region). Insbesondere im Vergleich mit anderen Pandemierisiken erscheint die derzeitige mediale Aufregung, bei aller allgemein notwendiger Vorsicht in der Gesundheitsvorsorge, sehr stark ausgeprägt.
  • Wir empfehlen daher ganz allgemein ein ‚Energie-Investment‘ in die Überlegung, welche Bereiche für einen selbst ‚kritisch‘ sind. Diese Aspekte sollten nicht im ‚Informations-Energiesparmodus‘ behandelt werden, sondern brauchen etwas mehr Aufmerksamkeit.
  • Eine Möglichkeit, sich in kompakter Form mit den kritischen Entwicklungen in unserem Umfeld zu beschäftigen, ist das Big Picture Breakfast des Resilienz Netzwerk, in dem Themen wie ein sinnvoller Umgang mit der Ebola-Berichterstattung besprochen werden.

Wissen schützt und erhöht die Selbstwirksamkeit

  • Eine große Rolle bei der Ausbreitung des Ebola-Virus in Afrika scheint das fehlende Wissen über den Umgang mit Ebola bzw. mit infizierten Personen zu spielen. Eine Ansteckung ist nach derzeitigem Wissensstand nur durch den direkten Kontakt mit kontaminierten Körperflüssigkeiten möglich. Das Wissen um einfache Hygienemaßnahmen (Hände waschen bzw. massive Reduktion von Körperkontakten) würde schon einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Epidemie leisten.
  • Für unser Szenario ‚Blackout‘ kann man z.B. folgendes ableiten: je mehr Menschen von der Möglichkeit und den Folgen eines möglichen Schock-Ereignisses wissen und sich damit auch auseinandergesetzt haben, desto größer ist die Chance für eine sinnvolle Bewältigung. Das Wissen um die tatsächliche Gefahr trägt bereits zur Erhöhung der mentalen Widerstandskraft und Selbstwirksamkeit bei. Natürlich wird man nie alle Menschen ansprechen, aber darum geht es auch nicht. Eine für die Bewältigung erforderliche kritische Masse kann jedoch erreicht werden.
  • Eine große Herausforderung ist die in weiten Kreisen (auch bei Entscheidungsträgern) weiterhin existierende Unterschätzung der Möglichkeit eines strategischen Schockereignisses und der damit verbundenen Folgen. Dies ist u.a. auf das mangelnde Wissen um systemische Risiken zurückzuführen.
  • Obwohl eine Ansteckungsgefahr oder Verbreitung von Ebola (in der derzeitigen Form) in Europa sehr gering ist, wird diesem Thema in der Bevölkerung dennoch sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. Fürchten wir uns vor den falschen Dingen?Dabei spielen vor allem einige Medien durch entsprechende Berichterstattungen eine verstärkende Rolle. Eine allgemeine Erfahrung ist, dass wir uns häufig auf das letzte bekannte und zu wenig auf mögliche zukünftige Ereignis vorbereiten.

Eine rasche Eskalation bei der Krisenbewältigung ist entscheidend

  • Wie bei allen strategischen Schockereignissen tun wir uns auch bei der aktuellen Ebola-Epidemie schwer, mit der Möglichkeit einer exponentiellen Entwicklung umzugehen.
    Wie auch die bisherigen Erkenntnisse beim Thema ‚Blackout‘ zeigen, sind auch bei den Folgen eines längeren Stromausfalls exponentielle Auswirkungen zu erwarten. Während sich bei Ebola die negativen Entwicklungen über Wochen und Monate ziehen, muss man bei einem Blackout und den Folgen von Stunden und Tage ausgehen. Darüber hinaus sprechen wir hier von völlig unterschiedlichen Ausgangsszenarien. Der Ebola-Ausbruch begann mit Einzelereignissen, ein Blackout betrifft sofort die gesamte Gesellschaft. Das heißt, der Handlungsspielraum ist wesentlich kleiner. Daher entscheidet sich in den ersten Stunden das weitere Ausmaß der Katastrophe (Stichwort: ‚Golden Hour‘). Und daher ist es umso wichtiger, dass sich viele Menschen bereits vorher mit diesem Thema auseinandergesetzt haben.
  • Ein anderer Faktor, der sich in der aktuellen Ebola-Krise zeigt, ist die Bedeutung der heutigen Mobilität für das Management strategischer Krisen. Durch den höheren Vernetzungsgrad können sich Störungen rascher und weiträumiger ausbreiten. Ob eine mögliche zukünftige Pandemie mit unseren derzeitigen Krisenreaktionsmechanismen rechtzeitig eingedämmt werden könnte, bleibt fraglich. Denn wie aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, müssten hier sehr rasch sehr weitreichende Maßnahmen gesetzt werden, etwa durch die Unterbrechung des Flugverkehrs. Das würde natürlich hohe wirtschaftliche Schäden verursachen. Eine sich ausbreitende Pandemie würde diese aber noch erheblich übertrumpfen. Auch hier spielt wieder das allgemein fehlende Wissen um exponentielle Entwicklungen – und mögliche Versuche, diesen Umstand auszunützen – eine wichtige Rolle.

Weitere Detailinformationen finden Sie wie immer auf www.ploetzlichblackout.at und www.resilienznetzwerk.at.

MMag. Harald Felgenhauer, Direktor des Systemic Foresight Institute
Herbert Saurugg, MSc, Koordinator ‚Plötzlich Blackout!‘